3 MINUTEN MIT ZBINDEN
Sommer
Juni, Zeichnung
Juni, Holzstich (1971)
Juli, Zeichnung
Juli, Holzstich (1975)
August, Zeichnung
August, Holzstich (1977)
"Graphische Mundart"
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Traugott Vogel prägt in seinem 1956 erschienenen Buch
„Holzschnitte, Künstler der Gegenwart“ den Begriff der
„graphischen Mundart“ (A):
Die Sprache, die durch viele dieser Blätter hindurch zu uns gesprochen wird (…) ist eine Art graphischer Mundart. Und wie jede echte Mundart ist auch diese Muttersprache des reichen, farbigen, gestuften, wenn auch begrenzten Ausdrucks fähig. Die Grenze ist zwar weniger im Tiefen- als im Breitenmass der Wirkung zu erkennen…
Eva Korazija Magnaguagno nimmt 1987 in ihrem Buch
„Der moderne Holzschnitt in der Schweiz“
diesen Begriff auf und fügt den Untertitel hinzu:
„Der volkstümliche Holzschnitt
seit dem Zweiten Weltkrieg (B)
Was ist Mundart? Was ist volkstümlich?
Wir beantworten die Fragen nicht,
wir umkreisen sie.
Emil Zbinden:
„Es war mir immer ein Anliegen,
den arbeitenden Menschen
Kunst zugänglich zu machen.
Sie sollten meine Bilder
erstens verstehen und
zweitens auch erstehen können.
Vom Holzschnitt kann man
beliebig viele Abzüge machen,
und doch ist jeder ein Original.“ (C)
Duden (Bedeutungswörterbuch) (D):
volkstümlich (Adj.):
einfach, allgemein verständlich [und beliebt]; populär: ein volkstümliches Theaterstück; er schreibt sehr v.
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Duden (Fremdwörterbuch) (E):
e|li|tär (französische Ableitung von Elite)
a. einer Elite angehörend; auserlesen;
b. auf die [vermeintliche] Zugehörigkeit zu einer Elite begründet
[u. daher dünkelhaft-eingebildet]
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Bertolt Brecht:
Wenn wir vor den Unteren bestehen wollen
Dürfen wir freilich nicht volkstümlich schreiben.
Das Volk
Ist nicht tümlich. (F)
Christian Schmid-Cadalbert und Barbara Traber:
Auf der einen Seite Mundartliteratur als Gelegenheitsdichtung, als idyllische Feier einer idealisierten bäuerlichen Welt im «Volkston», als Anekdoten- und «Brattig»-Literatur, sprachlich konservativ und oft formelhaft.
Auf der anderen Seite Mundartliteratur als Herausforderung, Protokoll und Suche, welche sich an ästhetischen Kriterien misst, die für Literatur im allgemeinen gelten, in der direkten Aktion wirksame Protestliteratur, Literatur, welche kein Nischendasein fristen will. (…)
Diese «neue Mundartliteratur» hält sich nicht an vorgegebene enge Grenzen. Sie ist äusserst vielfältig an Formen und Inhalten (…)
(S.24) (G)
Hansjörg Schneider:
„In diesen Tagen dreht mein Freund und Kollege Ruedi Suter (…) einen Film über mich. (…)
Wir haben beschlossen, dass ich Schweizerdeutsch erzähle. Denn ich will möglichst authentisch sein.“ (H)
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Zum Schluss in Obwaldner Mundart
Julian Dillier:
Gidankä, wo barfuäss chemid
Gidankä,
wo barfuäss chemid,
nid gfyrtiged
wiä sybemal gschyd Herrä.
Gidankä,
wo schych sind
wiä Spitäler.
Gidankä,
wo Dui zuäder sägid
und nid tiänd
as eb si dich vogtä wettid -
simmer z Sinn choo,
hend Fäckä uberchoo,
wend nooch choo
und hangä blybä
wiä Merzästaib. (I)
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Bibliografische Angaben:
(A) Traugott Vogel
Holzschnitte, Künstler der Gegenwart
Bern 1956 (Verlag Heinz Engel), S. 13
(B) Eva Korazija Magnaguagno. Der moderne Holzschnitt in der Schweiz. Der volkstümliche Holzschnitt seit dem Zweiten Weltkrieg.
Zürich 1987, S. 171ff.
(C) Alfred A. Häsler. Kunst für den Menschen. Gespräch mit Emil Zbinden,
in: Ex Libiris, Heft Nr. 12, Zürich 1974, S. 12/13
zitiert nach:
Guido Magnaguagno. Emil Zbinden.
Das graphische Werk,
1. Freie Blätter 1926 –1981,
Hauterive1982 (Éditions Xylon Verlag), S. 60
(D) Duden 10, Das Bedeutungswörterbuch, Mannheim 1970
(E) Duden 5, Das Fremdwörterbuch,
Mannheim 2001
(F) Bertolt Brecht, Gesammelte Werke 9,
Gedichte 2,
Frankfurt am Main 1967, S. 625
(G) „gredt u gschribe“. Eine Anthologie
neuer Mundartliteratur.
Herausgegeben von
Christian Schmid-Cadalbert und Barbara Traber
Aarau 1987 (Sauerländer)
darin:
Zur Mundartliteratur in der deutschen Schweiz.
Ein Essay (S.14 – 27)
(H) Hansjörg Schneider. Spatzen am Brunnen.
Aus dem Tagebuch. Zürich 2023, S. 19
(I) Julian Dillier. Gesammelte Gedichte 1970 – 1998.
Herausgegeben von Christian Schmid.
Kommissionsverlag Raeber 2001, S. 40
pst