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3 MINUTEN MIT ZBINDEN

Kapitel 26

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Heimposamenter im Baselbiet

Emil Zbindens fünf Holzstiche zeigen ein Weberehepaar bei der Arbeit und in vier Dorf- und Hausansichten die Verschränkung von Landwirtschaft und frühindustrieller Arbeit:

„Wir haben gebauert, um posamentern zu können, und haben posamentiert, um bauern zu können“,

wird im Film „Die letzten Heimposamenter“ gesagt.

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Im Band 14 der Gotthelfausgabe der Büchergilde, „Das Erdbeeri Mareili“, finden wir auch die Erzählung „Hans Jakob und Heiri oder die beiden Seidenweber“. (A) Sie spielt im oberen Baselbiet und erzählt von zwei Paaren, einerseits Hans Jakob und Anne Marei, andererseits Heiri und Kathrinli. Beide sind Bandweber, Posamenter, ein Gewerbe, das in klassischer Heimarbeit organisiert war.

 

Der Pfarrer Jonas Breitenstein (1828-1877) soll nach der Lektüre der Gotthelf-Erzählung zum Schriftsteller geworden sein. Maja Samimi-Eidenbenz: „Den Anlass zur Schriftstellerei gab das 1851 publizierte Büchlein von Jeremias Gotthelf, «Hans Jakob und Heiri oder die beiden Seidenweber» von Jeremias Gotthelf, der die Posamenterei und den Baselbieter Dialekt nur oberflächlich kannte. Die sachlichen und sprachlichen Unstimmigkeiten der Geschichte bewogen Breitenstein, Gotthelfs Werklein authentische Schilderungen entgegenzustellen. So entstanden in der Folge Erzählungen und Idyllen, in welchen die Posamenterei einen wichtigen Hintergrund bildet. Breitenstein kannte die technischen Details des Webens und der Stühle von Grund auf, hatte er doch in Ziefen eine Zeitlang bei einem seidenbandwebenden Verwandten gewohnt.“ (B)

 

Es kann aber ruhig von diesem Aspekt abgesehen werden, wenn wir die Erzählung lesen als Geschichte über die „Monetisierung“, über den Einzug des Geldes in eine Gesellschaft, in der bisher in Selbstversorgung fast ausschliesslich Landwirtschaft betrieben wurde.

Dem ersten Paar gelingt dank Anne Marei der Umgang mit dem Geld, dem zweiten will er nicht gelingen, und Gotthelf gibt uns zu verstehen, warum.

 

Seit 1973 aber lässt uns der Dokumentarfilm

„Die letzten Heimposamenter“ von Yves Yersin (Regie, Interviews und Schnitt) und Edouard Winniger (Kamera) umfassend in die Welt der Bandweberinnen und Bandweber eintauchen. Acht Posamenterinnen und drei Posamenter kommentieren neben Bandfabrikanten (d Heere), einem Visiteur, einem Pfarrer, einem Gewerkschaftssekretär, zwei Ärzten usw. die Bilder um die ratternden Stühle in den Baselbieter Häusern. (C)

 

Aus diesem Film hier drei Aussagen über das Geld:

 

Rudolf Senn, Bandfabrikant, Basel:

„Ich begrüsse es ausserordentlich, dass man jetzt diesen Film dreht, um bei der Nachwelt die Erinnerung an die Posamenterei festzuhalten, die vor Zeiten Basel reich gemacht und auf der Landschaft Tausenden von Posamentern Verdienst gegeben hat.“

 

Ernst Walliser, Posamenter, Reigoldswil:

„Wir haben unsere Arbeitszeit gehabt. Früher hat man 14 Stunden weben können.

Dann ist es auf 12 Stunden runter gegangen,

jetzt zum Glück auf 10.

Meine Frau sagte, sie hätte gerne noch länger gewoben.

Ich bin zufrieden mit 10 Stunden. Sie sollen einem bei 10 Stunden den Lohn zahlen, den man nötig hat.“

 

Emmi Buser, Posamenterin, Rünenberg:

„Als ich einmal sagte, sie (die Herren), dürften doch das Licht auch einmal bezahlen, die Lampen gehörten doch zu den Webstühlen, da hat er sich nur auf die Seite gedreht. Er hat das nicht gehört.

(…)

Das sind eben die Herren.

Sie wurden nicht umsonst steinreich, als ihnen das ganze Baselbiet vergebens Tag und Nacht gewoben hat.“

 

(A)

Gotthelf, Jeremias.

Werke in 16 Bänden

Mit Holzstichen von Emil Zbinden

Band 14, S. 375-459

Zürich, Büchergilde Gutenberg, o. J. (1937-1953), 

 

(B)

Breitenstein, Jonas. Geschichten und Dichtungen, Band 1.

Vorwort von Maja Samimi-Eidenbenz, Binningen 2013, S. 6f.

 

(C)

Die letzten Heimposamenter. Eine filmische Dokumentation von Yves Yersin und Edouard Winniger, DVD

museum.bl, Zeughausplatz 28, 4410 Liestal

 

pst

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Nachlassbetreuung und Copyright der Werke:

 

Katharina Zbinden-Bärtschi und Samuel Zbinden, Eigerstrasse 60, CH-3007 Bern

sam_zb@bluewin.ch

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Letzte Aktualisierung: 07.05.2025

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